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Interview mit Diana Brandl

Experten-Interview
September 11, 2024
September 11, 2024
Inhaltsverzeichniss

Interview mit Diana Brandl

Senior Executive Assistant auf Top-Management-Ebene

Gefragte Office-Expertin, Rednerin und Interviewpartnerin

Vorstellung unserer Expertin

Diana Brandl blickt auf eine fast 20jährige erfolgreiche Karriere als Senior Executive Assistant auf Topmanagement-Ebene in Unternehmen wie ratiopharm, Sony, Mister Spex und Babbel zurück. Sie engagiert sich intensiv für das Berufsbild der Executive Support Professionals und war im Vorstand als auch als Regionalgruppenleitung bei IMA (International Management Assistants) Deutschland tätig.

Sie ist freiberufliche Fachautorin für diverse Verlage und Fachmagazine, gibt Seminare und Workshops und spricht auf nationalen wie internationalen Konferenzen. Dabei setzt sie sich maßgeblich für die Themen New Work, Personal Branding, Digitalisierung und Leadership ein.

Als viel gefragte Office Expertin, Gesprächs- und Interviewpartnerin reist sie immer wieder sowohl im In- und Ausland. Ihr erstes Buchprojekt „Chefsache Assistenz“ ist im Oktober 2018 im Springer Gabler Verlag erschienen. In 2020 kam ihr zweites Buch „Die Assistenz in der digitalen Transformation“ sowie das Dossier „Future Skills“ in den Handel. Sie launchte zudem Beginn 2020 den weltweit ersten deutschen Podcast für das Berufsbild der Executive Support Professionals „The Future Assistant“, wo sie u.a. die ehemaligen Assistenzen und Chief of Staffs von Barack Obama, Prinzessin Diana, Oprah und Jeff Bezos interviewt.

Sie wurde für den Digital Female Leader Award nominiert und als Woman of the Week von den Global Digital Women gekürt. Sie arbeitet mit Unternehmen auf der ganzen Welt, agiert als Dozentin im Auftrag der IHK, lehrt für das House of Commons und ist LinkedIn Learning Instructor.

Veränderung der Assistenzrolle: Neue Skills und Rollen

Liebe Diana, vielen Dank, dass du dir heute die Zeit für uns nimmst, über die Rolle von Executive Support Professionals wie zum Beispiel Assistenzen zu sprechen. Direkt zu Beginn habe ich eine viel gestellte Frage an dich: Inwiefern hat sich der Job in den letzten 20 Jahren verändert?

Dass Du nach den letzten 20 Jahren fragst, ist spannend, ich habe neulich erst daran zurückgedacht, dass ich selbst ja 20 Jahre Berufserfahrung als Executive Support Professional hatte, bevor ich mich selbstständig gemacht habe. Ich nehme euch mal in die Zeit meiner Ausbildung mit zurück.

Damals habe ich noch Steno gelernt. Wir saßen zwar nicht mehr vor Schreibmaschinen, aber auf Englisch und Französisch musste ich noch Steno beherrschen. Wenn ich außerdem darauf zurückblicke, wie ich und mein Chef uns organisiert haben, dann fällt mir auf, dass ich sehr dankbar gewesen wäre, wenn ich einiges davon gehabt hätte, was es heute gibt. Durch beispielsweise unsere papierlastige Arbeit war die Assistenz an vielen Stellen noch gar nicht in der Lage, so ein toller Trendscout zu sein, wie sie es heute sein kann. Von der Auseinandersetzung mit spannenden Tools, mit Effizienzmanagement und mit Zukunftskompetenzen bis zur Weiterbildung zur agilen Arbeitsassistenz können Assistenzen heute sehr viel Ownership und Verantwortung übernehmen.

Wie kann sich Ownership als Executive Support Professional konkret gestalten?

Die Entwicklung der Executive Support Professionals von den Generalisten zu Spezialisten kann in verschiedenste Richtungen gehen. Ich sehe da immer wieder die Rolle der Kulturgestalterin und Feel Good Managerin. Während die Führungskraft an vielen Stellen für Struktur sorgt, können Assistenzen und Chiefs of Staff durch das Abdecken dieser kulturellen Komponente intern viel bewegen. Das nimmt dan beispielsweise in Mediation oder Konfliktmanagement Gestalt an.

Aber auch im Bereich Prozessoptimierung kann Ownership übernommen werden. Dazu gehören ganz besonders die Themen Meetings und Sitzungsorganisation. Dadurch dass Meetings die größten Blöcke im Kalender sind, kann man als Executive Support Professional hier einen wahnsinnigen Impact haben. Das reicht dann von einer guten Vorbereitung bis zu einer eventuellen Moderation der Sitzung und inhaltlichen Vorbereitung. Durch unsere sehr digitale Welt finden sich immer mehr Assistenzen und Chiefs of Staff in diesen Bereichen wieder und kommen vermehrt aus der zweiten Reihe in die erste. Das finde ich besonders schön, da es Sichtbarkeit für die Marke der Assistenz generiert.

Du hast mal gesagt, die Rolle entwickelt sich „weg vom Verwalten, hin zum Gestalten.“ Wie viel Eigeninitiative steckt dahinter?

Wir treffen da auf sehr verschiedene Persönlichkeiten. Wir sehen durch die Veränderungen in KI und Automatisierung eine beschleunigte Verselbstständigung der Führungskräfte. Die neue Chefgeneration ist sehr viel autarker, sie beherrschen die relevanten Systeme und Tools. Einige Assistenzen begegnen dieser Entwicklung mit dem notwendigen Weitblick, schließlich wird da in den kommenden Jahren einiges aus der klassischen Assistenzenrolle wegfallen. Einige entwickeln sich aus diesen Gründen in Richtung der strategischen Business Partnerin, wodurch sie strategische Entscheidungen mitdiskutieren und mitgestalten.

Welche Skills sind dabei wichtiger geworden?

Wir erleben momentan einen starken Fokus auf Hard Skills. Diese und jene App oder Software muss man drauf haben, man muss die richtigen Prompts für KI-Programme kennen, man braucht standfeste Digitalkompetenz. Executive Support Professionals sind in diesen Themen sehr proaktiv. Im AI Index Report waren die Assistenzen vorne mit aufgelistet bei den Berufsgruppen, die sich bereits intensiv mit KI beschäftigen. Das finde ich besonders schön, denn zum einen unterstreicht es die Wichtigkeit lebenslangen Lernens in der Assistenzrolle und zum anderen ist es ein Indikator für die Soft Skills, die in diesem Beruf so wichtig sind. Von Diplomatie bis zur emotionalen Intelligenz und kreativem Gespür wird es weiterhin Bereiche geben, in denen wir Menschen die Nase vorne haben vor der KI. Deshalb sehe ich die Entwicklung von KI und unseren neuen Technologien dahingehend, dass diese zu den Assistenzen der Assistenz werden. Dafür kann man sich bewusst fit machen - und viele tun dies bereits.

Veränderung der Executive Support Rolle: Was steckt dahinter?

Wie schnell geht dieser Prozess voran?

Der Assistenzbereich ist erst langsam in die Digitalisierung gekommen. Manche sehen die Dringlichkeit noch nicht und sind sehr stark auf ihre Chefs ausgerichtet. Da herrscht das Motto, dass wenn mein Chef nicht damit arbeitet, dann braucht es das nicht. In solchen Fällen versuche ich, ein bisschen wach zu rütteln. Woher weißt Du denn, dass Dein Chef in 10 Monaten noch neben Dir stehen wird?

Durch die Geschwindigkeit, mit der sich die Arbeitswelt entwickelt, ist es einfach von Nöten, sich mitzubewegen und den Arbeitsplatz weiter zu digitalisieren. Das ist auch wichtig, um neue Talente an Board zu holen. Die Generation Z möchte mit Tools arbeiten, sie möchte digital arbeiten, und sie ist damit nicht alleine. Digitalisierung ist gleichzeitig auch wichtig, um bestehende Talente am Arbeitsplatz zu erhalten. Leider ist diese Einsicht sehr personenabhängig.

Siehst Du da auch strukturelle Gründe?

Wenn wir ehrlich sind, sind viele Unternehmen erst durch die Pandemie wirklich wachgeküsst worden. Da ist ein Katalysatoreffekt für Digitalisierung entstanden, den es gebraucht hat. Teilweise hatten Unternehmen ja nichtmal die notwendige Hardware, um ihre Executive Support Professionals im Home Office arbeiten lassen zu können. Da hat sich zum Glück viel verändert und die strukturellen Gegebenheiten sind mittlerweile zugunsten der fortschreitenden Digitalisierung ausgerichtet.

Ich würde das mit einem schnell fahrenden Zug vergleichen. Wir alle treffen die Entscheidung, ob wir aufspringen oder nicht und ich halte es für gefährlich, stehen zu bleiben. Da sind große Chancen auf diesem Zug, tolle Projekte anzutreiben, visionär und agil zu handeln und seine Rolle als Assistenz oder Chief of Staff zu stärken und zukunftssicher zu machen.

Moderne Sitzungsorganisation

Wie siehst Du die Chancen für moderne Sitzungsorganisation?

In den meisten Unternehmen ist die Sitzungsorganisation noch immer papierlastig. Es gibt oft keine klaren Prozesse und Rollen, was vor allem in hybriden Settings schwierig ist. Dann sind oftmals Agenda und Format nicht optimal durchdacht, es gibt keinen Co-Moderator für den Chat in hybriden Meetings, und man schafft es am Ende nicht, alle Themen zu besprechen, die auf der Agenda standen. In solchen Fällen fehlt dann Effizienz, weil man geglaubt hat, man schafft das alles irgendwie auch alleine.

Wie effizient sind deines Erachtens nach momentan die durchschnittlichen Meetings?

Ich bin ein großer Fan davon, dass Meetingzeiten heutzutage reduziert sind. Anstelle von 60 Minuten sind es dann mal 45 oder 50, das hat durchaus schon einen Effekt.

Aber es scheitert immer noch oft an der Vorabkommunikation und Organisation. Die Ablage von Agenda und Protokoll zum Beispiel sind Dinge, die nicht immer sauber durchdacht sind. Dann liegt die Agenda mal im Sharepoint, mal im OneDrive, mal legt man sie lokal ab und versendet sie dann per Email. Ich habe neulich erst wieder gehört, dass eine Dame Verlaufsprotokolle geschrieben hat, das konnte ich kaum glauben. Dass da Effizienzpotentiale nicht ausgeschöpft werden, muss ich wohl nicht noch erwähnen. Insgesamt sind da mit Coachings, Tools und Automatisierungen noch oft ungeahnte Möglichkeiten.

Was ist Dir bei diesem Thema besonders wichtig?

Das angesprochene „Vom Verwalter zum Gestalter“-Prinzip ist mir besonders wichtig. Executive Support Professionals dürfen und können die eigene Rolle aktiv in die Hand nehmen und immer wieder fragen – Wo kann ich Prozesse verschlanken? Wann bin ich Beraterin, wann Feedbackgeberin, wo pitche ich Themen? Wir dürfen da ruhig ein bisschen frecher und konkreter werden, ein bisschen mehr Statistiken und Zahlen mitbringen, und immer wieder auf unsere Themen aufmerksam machen.

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